“Spekulationssteuer”: strenge Auslegung der Regeln!

Ein vielzitierter Volks-Irrglaube kann zur Steuerfalle werden: die meisten Leute glauben, dass beim Verkauf einer Liegenschaft keine Spekulationssteuer vor Ablauf der 10 Jahresfrist zu bezahlen ist, wenn man bei einem Eigenheim oder einer Eigentumswohnung 2 Jahre lang seinen Hauptwohnsitz dort gemeldet hatte, egal ob direkt nach dem Erwerb oder am Schluss vor der Veräußerung der Immobilie. So dachte ich bis vor kurzem auch noch. Der Rechtsexperte der Immo-Contract Wien, Dr. Martin Meneweger hat mich aber letztens darauf aufmerksam gemacht, dass das so nicht ganz stimmt, im Gegenteil:

DIE BEHAUPTUNG IST FALSCH – denn es wird gerne das kleine Wort “ununterbrochen” überlesen! Wenn also zum Beispiel die Wohnung einmal vermietet worden ist, dann kann die 2-Jahres-Ausnahme laut § 30 Abs.2 Z.1 EStG. nicht mehr zur Anwendung kommen:

(2) Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte aus der Veräußerung von:

1. Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b), wenn sie dem Veräußerer seit der Anschaffung (im Falle des unentgeltlichen Erwerbes unter Lebenden seit dem unentgeltlichen Erwerb) und mindestens seit zwei Jahren durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben. Im Falle eines Erwerbes von Todes wegen sind für die Fristenberechnung die Besitzzeiten zusammenzurechnen. Im Falle eines unentgeltlichen Erwerbes unter Lebenden gilt dies nur dann, wenn der Erwerber und der Rechtsvorgänger gemeinsam seit der Anschaffung ununterbrochen die Voraussetzung des Hauptwohnsitzes erfüllen.

Auch im Infotext auf der Website des Finanzministeriums ist diese Tatsache bei genauem Studium des Textes klar ersichtlich, sogar die zwischenzeitliche Vermietung wird dezitiert erwähnt:

7. Ausnahmetatbestand Eigenheime und Eigentumswohnungen
Eigenheime und Eigentumswohnungen samt Grund und Boden fallen nicht unter die Spekulationsbesteuerung, wenn diese dem Veräußerer von der Anschaffung bis zur Veräußerung ununterbrochen und mindestens seit 2 Jahren durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben.

Die Befreiung umfasst auch Grundstücke mit einer üblichen Bauplatzgröße bis etwa 1.000 m².
Eine zwischenzeitige Vermietung des Eigenheimes bzw der Eigentumswohnung – aus welchen Gründen auch immer – beseitigt das Erfordernis des durchgehenden Hauptwohnsitzes.

Bei Vorliegen mehrer Wohnsitze gilt die Befreiung nur für jenen Wohnsitz, zu dem der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen). Eigentumswohnungen (Eigenheime), die lediglich als Zweitwohnsitz (beispielsweise im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung) genutzt werden, fallen nicht unter diese Befreiung.

Man lernt nie aus!

Disclaimer (ich-bin-an-nix-schuld-Erklärung): Die hier gebotene Information wurde nach bestem Wissen & Gewissen zusammengestellt. Da ich jedoch kein Jurist bin, sondern lediglich eine am Thema interessierte Privatperson, kann ich für juristisch unexakte Formulierung sowie die tatsächliche Rechtssprechung in konkreten Einzelfällen keine wie auch immer geartete Haftung übernehmen. Weiters wurden nur die wichtigsten Punkte herausgegriffen, daher kann auch für die Vollständigkeit keine Gewähr übernommen werden. In Zweifelsfällen lesen Sie bitte die betreffenden Bestimmungen im Volltext und kontaktieren Sie unbedingt vor entsprechenden Rechtsgeschäften einen Rechtsanwalt und einen Steuerberater Ihres Vertrauens.

Artikel von Ernst Michalek:

Seit 25 Jahren als Webworker selbständig, seit 2006 auf WordPress spezialisiert. Fotografiert 360°-Panoramen von faszinierenden Orten. Hat 10 Jahre am WIFI Wien unterrichtet und gibt sein Wissen in individuellen Workshops weiter. Interessiert an Wissenschaft, Technik und Forschung und deren Einfluss auf das Zusammenleben von Menschen. Schreibt gern und viel.

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7 Kommentare

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  1. Ich habe im August 2014 eine kleine 2-Zimmer Wohnung gekauft, die als mein Zweitwohnsitz geführt ist. Ich hatte diese nach Scheidung und Hausverkauf (als Sicherheit und Rückzug) für mich gekauft. Mein Hauptwohnsitz ist jedoch bei meinem jetzigen Mann . Meine Tochter (28 J.) wohnt nun dort hauptsächlich. Die Wohnung läuft jedoch nicht als vermietet. Sie bezahlt mir einen Unkostenbeitrag….. Müll wird für 2 Personen bezahlt.
    Alle Rechnungen etc. laufen jedoch auf mich.
    Gekauft habe ich die Wohnung 2014. Notarieller KP: 100.000 – heute ist die Wohnung einiges mehr wert (geschätzt ca. 180.000€).

    Ich möchte nun eine größere Wohnung kaufen und deshalb die kleine Wohnung verkaufen. Fällt hier die Spekulationssteuer an?

  2. ich habe ein Bauernhaus gemeinsam mit meinem Mann als Zweitwohnsitz, wollen es jetzt verkaufen.in unserem Hauptwohnsitz wohnte bis vor kurzem unserer Tochter, in unserem Zweitwohnsitz war 5 Jahre lang meine Mutter (Pflegefall) als Hauptwohnsitz gemeldet. seit ca 2,5 Jahren lebt unser Sohn bei uns im Zweitwohnsitz, als Hauptwohnsitz gemeldet. Der Hauptwohnsitz ist eine BUWOG Mietwohnung. Meine Frage: spielen diese Kriterien eine Rolle bei der Veräußerung des Zweitwohnsitzes? Danke im Voraus.

    1. Sorry, aber das wissen wir auch nicht. Wir empfehlen, einen darauf spezialisierten Anwalt beizuziehen.

  3. Chris,
    du kannst sich den Hauptwohnsitz in Wien behalten, während deines Aufenthaltes in UK. Soweit ich das verstehe, bezieht sich das “ununterbrochen” auf ob du dich bei der Polizei vom Hauptwohnsitz abgemeldet hast oder nicht.

  4. Mein Statement als lesender, denkender Mensch: wenn man schlicht nach den Buchstaben des Gesetzes geht, dann ist der Hauptwohnsitz in der Wohnung in Wien vom Kauf bis zum Verkauf nicht ununterbrochen, somit ist der allfällige Wertzuwachs zu versteuern. Es geht dabei nicht um Vermietung nach dem Mietrechtsgesetz – lediglich darum, ob die Wohnung oder das Haus ununterbrochen als Hauptwohnsitz gedient hat. Und das ist nicht der Fall.
    Wie aber oben schon erwähnt: im Zweifelsfall Rechtsanwalt oder Steuerberater fragen. Diese werden zwar aller Voraussicht nach dasselbe sagen, Haftung übernehme ich für meine Artikel aber trotzdem keine.

  5. gut dass es diesen artikel gibt – auch wenn ich die sachlage bereits kannte. was mir bis jetzt aber noch NIEMAND mit einer gewissen sicherheit sagen konnte betrifft folgende situation:

    ich bin eigentümer einer wohnung in wien seit 2006, war UNUNTERBROCHEN dort mit hauptwohnsitz gemeldet.

    ich ziehe für 1 jahr nach england (beruflichen gründen) und ich mache folgendes:

    a) ich lasse die wiener wohnung LEER stehen (zahle somit die wiener BK schön brav weiter), habe jedoch den hauptwohnistz für ein jahr in UK

    b) ich mache eine bittleihe (somit jederzeit kündbar) zugunsten meiner schwester in not, und ich zahl sogar die wiener betriebskosten. somit KEIN MRG!

    was geschieht wenn ich nach meiner rückkehr aus UK entscheide meine wohnung zu verkaufen (ca. 50.000 euro wertzuwachs seit anschaffung)?

    würde mich echt auf antwort freuen!